Wie ich Eselfreundin wurde

Ich möchte behaupten, dass ich zur Eselhaltung wie die Jungfrau zum Kinde kam und das hing mit unserem Umzug in den Westerwald zusammen. Eine Ahnung davon, wie sehr ich schließlich dem Charme von Eseln erliegen würde und wie immens meine Liebe zu speziell diesen Tieren wachsen würde, hatte ich da noch nicht…

Der Vorbesitzer der zum Verkauf stehenden Immobilie, die wir im Herbst 2007 besichtigten, hielt auf seinem 2,3 ha Grundstück zwei Kamerunschafe, vier Laufenten und eine Eselstute, die nach seiner Wunschvorstellung möglichst von den Käufern mit übernommen werden sollten. Er hätte sich sonst nach einem Platz für all die Tiere umsehen müssen.

Als Tierfreundin hatte ich mir für meine bisher gehaltenen vier Hunde mit Jagdtrieb ein Haus mit großem Grundstück gewünscht, dass es den Vierbeinern ermöglichen sollte, auf einem großen eingezäunten Areal ohne Leine toben und rennen zu können. Und es sollte mir auch die Option offen stehen, dort andere Tiere zu halten als Hunde. Da sich abzeichnete, dass wir den Zuschlag für dieses Domizil mitten im Westerwald bekommen würden, begann ich sofort, mich über die Bedürfnisse der jeweiligen Tierarten – Kamerunschafe, Laufenten und Esel – zu informieren, stöberte dafür im Internet und kaufte mir Fachbücher. Die artgerechte Haltung der relativ anspruchslosen Kamerunschafe und der Laufenten war im Großen und Ganzen gegeben, da Schafe ohne Schaden zu nehmen, ganztägig weiden dürfen und für die Laufenten auf dem Grundstück ein großer Teich zur Verfügung steht.

Eselstute Luisa

Sorgen machte mir allerdings der Zustand der Eselstute Luisa, die offensichtlich viel zu fett war und außerdem ohne Artgenossen auskommen musste. Von der beschwichtigenden Aussage des Vorbesitzers, Luisa habe sich an die Gesellschaft der Schafe gewöhnt und es fehle ihr nichts, ließ ich mich genau so wenig beirren, wie von seiner „humorvollen“ Anspielung auf ihre gewaltigen Fettpolster, die ihn veranlassten, Luisa als ein „Rubensmodell“ zu bezeichnen. Auch ihre Hufe trugen, wie ich heute weiß, schon deutliche Anzeichen einer durchgemachten Hufrehe…

Was ich in Marisa Hafners Fachbuch „Esel halten“ gelesen hatte war eindeutig – für die Haltung von Eseln war zwar der Platz sowohl an Weide wie auch im Stall gegeben, doch war die über Jahre viel zu energiereiche und ganztägig zugängliche Ernährung mit dem Waldwiesengras verantwortlich für Luisas Verfettung. Es gab keinen Trockenplatz, der ebenso Voraussetzung für gesunde Hufe ist, und der Stall erfüllte zwar seinen Zweck, entsprach aber nicht den heute angemessenen Bedingungen für die Pferde- oder Eselhaltung, da er viel zu dunkel ist und nur wenig frische Luft herein lässt. Darüberhinaus erwies sich wie ich später fest stellen sollte, das Sauberhalten dieses Stalls als schwierig.

Da für mich persönlich Tierliebe mehr bedeuten muss, als das oberflächliche „Verliebtsein“ in eine bestimmte Tierart, weil mehr dazu gehört als ihre Versorgung mit Futter und Wasser, stand für mich fest, dass ich, wenn ich mich dafür entschied, Esel zu halten, die Schaffung aller Voraussetzungen für eine artgerechte Haltung mich nicht nur viel Arbeit, sondern auch viel Zeit und Geld kosten würde.

Wahrscheinlich hätte ich mit viel Improvisation, Luisa während unserer Vorbereitungen weiter auf dem Grundstück halten können, doch ihr zuliebe entschied ich mich dafür, sie während dieser Zeit auf einer Pflegestelle unter zu bringen, wo sie bis zur Fertigstellung unserer Esel-Anlage schon zwei wichtige Voraussetzungen für die Eselhaltung vorfinden würde, nämlich Eselgesellschaft und eine andere Fütterung, die dazu beitragen würden, dass sie langsam an Gewicht verlieren kann – auch wenn sie ein Idealgewicht wahrscheinlich nie mehr erreichen wird.

Kontaktaufnahme zur Noteselhilfe

Selbst schon Jahre im Tierschutz engagiert, kam mir zuerst die Kontaktaufnahme zu einem entsprechenden Verein in den Sinn und ich fand über das Internet die Noteselhilfe. Heike Wulke, die 1. Vorsitzende, half mir schnell und unkompliziert und konnte mir innerhalb weniger Wochen eine Pflegestelle bei Ursel Lichius nennen, deren Landhaus sich in Hömberg, einem Ort nur etwa zehn Kilometer von uns entfernt befindet.

Beiden Frauen möchte ich auch an dieser Stelle noch einmal von ganzem Herzen für Ihr Engagement danken, dass mich dazu ansporte, Mitglied bei der Noteselhilfe zu werden.

Luisa wurde mit Hilfe von Paul Linscheid, Ursel Lichius Bruder und Biobauer, im November 2007 transportiert und kehrte im Mai 2008 zurück. Innerhalb dieser Monate planten wir die Esel-Anlage und richteten uns dabei nach den Möglichkeiten, die Marisa Hafner in ihrem Buch unter Abwägung aller Vor- und Nachteile beschreibt.

Mir gefiel die Idee eines Trockenplatzes in Form eines Paddock mit einer Tretschicht aus Sand. Bei der Umsetzung half uns der Gartenbauer, der auch den großen Auslauf für die Hunde einzäunte. Vor dem Stall ließen wir eine Fläche von 200 m2 mit einem Gefälle von 2% auschachten und für die Drainageschicht mit Schottergeröll auffüllen und verdichten. Als Tragschicht wurden DWS-Rasterplatten verlegt und zum Schluss wurde gewaschener Flussand darauf verteilt. Als Unterkunft für die Esel entschied ich mich für den Aufbau einer zu drei Seiten geschlossenen Weidehütte, die wir neben dem alten Stall aufbauten. Das ganze Paddock zäunten wir mit Equisafe-Zaunelementen ein, die im Laufe diesen und nächsten Jahres auch die große Weide in drei Koppeln eingrenzen werden. Die einzelnen Koppeln lasse ich im Wechsel beweiden, was der Weidehygiene, der Erholung der einzelnen Flächen und der Eindämmung von Wurmparasiten dienlich ist. Die Fertigstellung der Koppeln wird jedoch sicher nicht mehr dieses Jahr umzusetzen sein…

Als Stallboden verlegten wir quadratische Softmatten, die Einstreu überflüssig machen (was Kosten und Arbeit spart) und die sehr gut sauber zu halten sind, was ich sehr zu schätzen lernte, nachdem die Esel bis zur Fertigstellung der Weidehütte übergangsweise im alten Stall untergbracht waren. Dort war es aufgrund einer Konstruktion mit die Stallfläche unterteilenden Querbalken doch so eng, dass besonders Luisa immer gezwungen war, über Nacht inmitten des mit Kot und Urin vermischten Einstreus zu stehen. Dieser Zustand hielt glücklicherweise nur zwei Wochen an.

Luisa zur Gesellschaft hätte ich gern einen Esel über die Noteselhilfe beigestellt, doch leider gab es zu dieser Zeit keinen Esel in Not (zum Glück für die Esel). Ich suchte im weiter Internet und fand die Verkaufsanzeige für Pepino. Er gefiel mir, weil er wie Luisa ein Großesel ist und mit seinem braunen Fell einen schönen Kontrast zu ihrem weißen bildet. Nachdem wir ihn angeschaut hatten, stand fest, dass er bei uns einziehen würde, sobald die Anlage fertig war.

In der Zwischenzeit kaufte ich Klein-Utensilien wie Putzkiste, Putzzeug, eine zweite Heugabel, Rechen und Sieb für den Sand, Besen, Schrubber, Handfeger und Kehrschaufel, Mineralfutter. Eine stabile Kiste zum Sammeln der Esel-Äppel fand ich noch im Schuppen neben der Garage, genauso wie eine weitere als vorerst provisorische Tränke. Ein Wasser- und bei Bedarf auch Stromanschluss ist praktischerweise am alten Stall vorhanden. Für die Unterbringung all dieses Zubehörs dient mir nun der alte Stall.

Als schließlich Anfang Juni beide Esel Zuhause waren, stellte sich heraus, dass ich mit der Entscheidung für eine Sand-Tretschicht den Eselgeschmack getroffen hatte. Beide Langohren lieben es, sich im Sand zu wälzen oder einfach dort zu liegen und sich die Sonne auf den Pelz scheinen zu lassen. Besonders das Wälzen im Sand ist sehr beliebt und Luisa probierte dies gleich nach ihrer Rückkehr genüßlich und ausgiebig.

Noch dazu ist unser Hufpfleger der Meinung, dass der Sand auch den Hufen gut tut, weil er Feuchtigkeit speichert ohne zu nass zu sein und die Hufe immer schön ausreibt, was ich nach der regelmäßigen Pflege bestätigt finde.

Es gab nun nur noch ein „Problem“ zu lösen. Der Heuvorrat aus Beständen des Vorbesitzers ging zur Neige. Nach gründlicher Inspektion des alten Stalls, der neben der Unterkunft für die Schafe auch Platz als Heulager bieten sollte, stellte sich als zu klein für die riesigen Bioheuballen heraus, die ich über Herrn Linscheid beziehen wollte. Sie passen einfach nicht durch den Stalleingang. Noch dazu ist der alte Stall der zusammen mit der Weidehütte eine Seite des Paddock schließt, nicht gut anzufahren, sodass wir bei der Anlieferung auf große Schwierigkeiten stoßen würden.

Die Idee eine weitere Weidehütte als Heulager aufzustellen, erwies sich als unpraktikabel, da für sie Platz nur am anderen Ende des Grundstücks, in der Nähe des Wohnhauses vorhanden wäre. Ich hätte also täglich mehrmals den Futtervorrat zur Eselanlage tragen müssen. Wir haben uns deshalb entschlossen, den alten und dunklen Stall mit seiner ungünstigen Aufteilung umbauen zu lassen. Die vormals als Unterkunft für die Esel gedachte Weidehütte wird nun Heulager und Unterstellplatz für Putz- und sonstiges Zubehör. Diese Weidhütte kann dann seitlich geöffnet werden und ist somit für die Einlagerung des Heuvorrats anzufahren.

Ich habe nicht geahnt, welch innige Beziehung man gerade zu Eseln aufbauen kann, die jeden Morgen und auch tagsüber regelmässig auf mein Erscheinen warten, sich jedes Mal mit ihren typischen Esellauten freuen und herantraben, mich an stubsen und sich gerne schmusen und pflegen lassen : ) – da ist all die Arbeit und Mühe, die mit der Eselhaltung einhergeht reine Nebensache und kaum der Rede wert. Oder doch : ich finde sogar, dass sie einen Riesen-Spaß machen!

von Susanna