Pierchen (2003-2015)

Viele Menschen haben die Geschichte von Pierchen verfolgt, ein Jahr lang gezittert, gehofft, gebangt und die vielen Behandlungen mit ihren Spenden ermöglicht.

Pierchen, ein Zwergeselwallach, wurde 2003 geboren in einem Ort, der „Eselstadt“ genannt wird und in dem die Esel Kult sind. Man sollte meinen, dass dies dann auch ein wahres Eselparadies wäre. Scheinbar gleicht es jedoch eher einer Hölle.

Pierchens Einzug

Schon der Start ins Leben verlief für Pierchen alles andere als optimal. Von seiner Mutter nicht angenommen, wuchs er als Flaschenkind auf. Er musste, wie die anderen Esel dieser Herde sehr oft zu öffentlichen Auftritten. Irgendwann, den Erzählungen nach vor ca. 4-5 Jahren fiel Besuchern auf, dass Pierchen in einem sehr schlechten Gesundheitszustand war, ihm Eiter aus der Nase lief, sein Gesicht geschwollen war. Das Veterinäramt wurde informiert und Pierchen verschwand aufgrund des Druckes durch das Amt auf den Besitzer aus diesem Stall. Die Besitzer hatten ihn zu einem Bauern gegeben. Hier lebte er mit Schafen zusammen auf einer Wiese und in einem Unterstand, in dem er nur geduckt hinein passte. Die tierärztliche Behandlung jedoch scheiterte. Der Tierarzt war da, konnte bzw. sollte aber nichts machen, da die Behandlungen Geld gekostet hätten. Aus diesem Grund war auch kein Hufschmied die ganze Zeit bei Pierchen…
Leider ist es uns nicht gelungen, genauere Informationen von diesem Tierarzt zu erhalten.

Über Umwege erfuhr eine Eselfreundin vom traurigen Schicksal dieses Esels. Der Besitzer wollte das ungeliebte Tier loswerden und so zog Pierchen am 24.11.2013 in seine Pflegestelle sein.

Erst dort kam das ganze Ausmaß der jahrelang fehlenden tierärztlichen Behandlung in vollem Umfang ans Licht: geschwollenes Gesicht, sichtlich starke Schmerzen, Probleme beim Fressen, schlechter Allgemeinzustand, unsicher und verängstigt – ein Häufchen Elend mit viel zu langen Hufen, die das kleinste Problem waren.

Nachdem Pierchen in seiner Pflegestelle mit viel Liebe und Fürsorge und eingeweichten Heucobs aufgepäppelt und zu Kräften gekommen war, konnte Anfang Dezember 2013 endlich in einer Klinik mit seiner langwierigen Behandlung begonnen werden. Der Tierarzt, u.a. Spezialist für Kieferchirurgie bei Equiden war geschockt vom Ausmaß der Erkrankung. So etwas hatte er in seiner ganzen Laufbahn noch nicht gesehen – und er hat mit Sicherheit schon viel Eselelend auf der Welt gesehen und behandelt.

Pierchen mussten einige Zähne gezogen werden, die eitrigen Entzündungen haben sogar den Kiefer teilweise zerstört, so dass Futterbrei durch 3 große Löcher in die Nasennebenhöhle gedrückt wurde.

Die Schmerzen, mit denen Pierchen seit mehreren Jahren leben musste, müssen höllisch gewesen sein. Es grenzt eigentlich an ein Wunder, dass er diese Zeit überhaupt überlebt hat.

Es folgten in all den Monaten 5 Operationen und mehrere kleinere Eingriffe, in denen nach und nach die Löcher im Kiefer mittels Gewebetransplantation verschlossen wurden. Regelmäßig wurde er in die Klinik zu Nachkontrollen gefahren. Er ließ alle Behandlungen – insgesamt 15 – tapfer über sich ergehen. Sein Zustand verbesserte sich zusehends. Er konnte endlich wieder richtig fressen, kam zu Kräften und entwickelte sich von einem Häufchen Elend in einen lebensfrohen, selbstbewussten und neugierigen Esel. Er genoss die Streicheleinheiten ebenso wie lange Spaziergänge. Die Welt schien in Ordnung und keiner hätte gedacht, dass noch irgendetwas schief laufen könnte.

Doch ganz kurz vor der Ziellinie traten nun doch plötzlich und sehr massive Probleme auf. Trotz sofortiger Behandlung durch den Tierarzt und Rücksprachen mit der Tierklinik baute Pierchen rapide ab und hat sich am 04.01.2015 entschieden, dem Kampf aufzugeben. Sein Kreislauf hatte versagt, er konnte nicht mehr selbstständig aufstehen, verweigerte Futter und Wasser. Am Abend lies er sich noch einmal aufstellen und machte selbstständig die ersten Schritte an diesem Tag, die auch seine letzten sein sollten. Er lief langsam zu den Boxen der Ponys, mit denen er in diesem Jahr die meiste Zeit verbracht hat. Es hatte den Anschein, dass er sich verabschiedete. Er lief noch einmal seine Boxengasse entlang, in der er die letzten Monate regierte und seiner Pflegerin deutlich machte, wo er gern welches Heu zum Fressen hätte. Dort legte er sich ab und schlief für immer ein.

Nach jahrelangem Leiden durfte Pierchen erfahren, wie sich ein glückliches Eselleben anfühlt. Ein Leben, für das es sich auch aus seiner Sicht gelohnt hatte, zu kämpfen.

Auch wenn Pierchen am Ende den Kampf verloren hat, soll er nicht umsonst gewesen sein. Für uns soll es ein Ansporn sein, sich einzumischen, denn die Ursache von Pierchens Tod war die Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit seiner Besitzer, aber auch die Tatsache, dass viele Menschen einfach zu lange nur weggeschaut haben, anstatt einzugreifen.

Schauen Sie nicht weg, wenn sie die Vermutung haben, dass ein Tier leidet und/oder nicht artgerecht gehalten wird.

BITTE! Versuchen Sie wenigstens zu helfen. Seien Sie nicht so ignorant und gleichgültig wie jene Menschen, die Pierchen leiden ließen und letztlich auf dem Gewissen haben. JEDER kann etwas tun, nur nicht wegsehen. Gleichgültigkeit tötet!

Suchen Sie entweder das Gespräch mit den Besitzern oder mit Menschen, die sich mit der Tierart auskennen. Wenden Sie sich an Tierschutzorganisationen oder an das Veterinäramt.